Finger weg von meinem Kalender!

Termin-Einladungen, die automatisch in meinem Kalender landen? Kollegen, die mir Kalendereinträge erstellen? Ein gemeinsamer Team-Kalender? Nein, bitte lasst mich mit meinem Kalender doch einfach allein!

fünf Hände mit Stiften wollen auf ein Kalenderblatt schreiben.

In unserer Arbeitsgruppe kommt immer wieder das Thema auf, dass wir doch unseren gemeinsamen Team-Kalender aktiv führen sollten. Dort könnten alle Team-Mitglieder sehen, was demnächst an wichtigen Terminen ansteht. So weit, so gut.

Ich aber habe mich nie um einen derartigen Gemeinschaftskalender gerissen. Als pedantischer Bürohengst, der ich bin, habe ich alle für mich wichtigen Termine ohnehin in meinem eigenen Kalender stehen. Irgendwo mag es ja vielleicht effizient klingen, wenn sich wichtige Termine nicht alle Teammitglieder separat notieren müssen – in der Praxis bringt das aber mehr Probleme als es löst.

Ich seh’, ich seh’, was Du nicht siehst

Das erste Problem mit einem gemeinsamen Kalenderzugriff ist schon einmal, dass der Kalender mitunter bei jedem Nutzer anders aussieht. Es gibt Tages-, Wochen-, und Monatsansichten, mancher öffnet den Kalender auf einem schreibtischfüllenden Monitor, jemand anders auf einem handtellergroßen Smartphone.

Ich hetze zum Glück nur selten von einem Termin zum nächsten und plane gerne voraus. Deshalb bevorzuge ich eine Kalender-Ansicht, bei der ich möglichst viele Tage auf einmal sehe. Im Gegenzug ist der Platz für einen einzelnen Termin recht knapp und der Titel muss entsprechend kurz sein oder zumindest so formuliert werden, dass das Wesentlichste gleich am Anfang steht.

Ein Kollege hatte da offensichtlich wesentlich mehr Platz zur Verfügung und schrieb letztes Jahr in unseren gemeinsamen Kalender: »Besuch von Tetragon bei …« – das war jedenfalls alles, was ich auf dem Kalenderblatt lesen konnte, ohne den Termin zu öffnen. Tetragon: das ist der Name unserer Arbeitsgruppe, für die dieser ganze Kalender überhaupt eingerichtet wurde. Für die wirklich relevante Information war also kein Millimeter Platz übrig.

Einen ähnlichen Fall hatte ich auch laufend mit meinem ehemaligen Chef, auf dessen Kalender ich Zugriff hatte. Er bevorzugte die Ansicht »Arbeitswoche«, also nur fünf Tage nebeneinander. Leider war in dieser Ansicht nicht immer deutlich sichtbar, um welche Uhrzeit ein Termin genau beginnt. Also half er sich, indem er vor jeden Termin noch einmal händisch die Uhrzeit schrieb. In der von mir genutzten Monatsansicht wurde die Uhrzeit aber automatisch eingeblendet, was zur Folge hatte, dass bei mir alle Uhrzeiten in seinem Kalender doppelt waren, während kaum noch Platz für den eigentlichen Titel blieb.

Zwei Kalendereinträge: »Pforte zur Hölle öffnen (ohne vorangestellte Zeit)« und »14:30 Herbeiführung des Weltuntergangs (mit vorangestellter Zeit)«. Oben in der Wochenansicht, unten in der Monatsansicht.
In der Wochenansicht (oben) kann es sinnvoll sein, die Uhrzeit noch einmal vor den Termintitel zu schreiben, weil sie sonst schwer ablesbar ist. Wer die Monatsansicht (unten) nutzt, sieht sie dann aber doppelt, weil sie dort automatisch eingefügt wird.

Alarm: Sie haben 2.000 Erinnerungen!

Genauso wie es unterschiedliche Kalenderdarstellungen gibt, kann auch der Umgang mit automatisch aufpoppenden Erinnerungen, Terminkategorien und anderen Details von Nutzer zu Nutzer sehr unterschiedlich sein. In meinem letzten Job hatte ich jemandem über viele Jahre hinweg Erinnerungen bei wichtigen Terminen gesetzt – bis ich gesehen habe, dass sein Outlook nur noch verzögert startet, weil das beim Start erscheinende Erinnerungsfenster bereits mehr als 1.000 alte und ungelesene Erinnerungen laden musste. Dass eine Erinnerung im Kalender für mich und viele andere Leute höchste Priorität hat, heißt eben nicht, dass das bei jedem so ist.

Eine Frage der Perspektive

Wie bei E-Mails muss man auch bei Kalendereinträgen darauf achten, dass man etwas nicht nur aus seiner eigenen Perspektive darstellt, sondern so, dass es vor allem die Empfänger verstehen und etwas damit anfangen können. Schreibe ich etwa in meinen ganz persönlichen Kalender »Treffen mit X«, dann ist sonnenklar, dass ich derjenige bin, der sich mit X trifft. Wer sollte es auch sonst sein? Allerdings hatte auch in unseren Team-Kalender einmal jemand »Treffen mit X« geschrieben. Damit war nicht etwa gemeint, dass sich unser ganzes Team mit X treffen sollte, sondern nur der Ersteller dieses Termins, der aber nirgends namentlich aufscheint.

Auch witzig ist es, wenn Leute beliebige Begriffe und Abkürzungen nutzen, die im Team nicht abgestimmt sind. So tauchten mehrfach Termine in unserem Kalender auf, die einfach nur »TTM« lauteten. Ich konnte zwar aufgrund meines parallel geführten, persönlichen Bürohengst-Kalenders feststellen, dass es sich dabei um unsere internen Online-Meetings handelt – wie es zu der Abkürzung kam, kann ich aber bis heute nur mutmaßen.

Besonders gerne treten solche perspektivenbezogenen Unsinnigkeiten auch auf, wenn Termine per E-Mail versendet werden. Da sind wir als Tetragon mit jemandem in Kontakt, derjenige trägt in seinen eigenen Kalender »Treffen mit Tetragon« ein, leitet den Termin an uns weiter und damit steht im Endeffekt auch bei uns »Treffen mit Tetragon« im Kalender. Wirklich sinnvoll!

Zwei Termine mit den Titeln »Tetragon« und »Besuch von Tetragon bei …«.
Gleich zwei Termine in unserem Tetragon-Team-Kalender, deren Bezeichnungen sinnloser kaum sein könnten. Der erste wurde uns per Einladung zugesendet, die Bezeichnung des zweiten haben wir selbst verbockt.

Steckt euch eure Termineinladungen in den … Papierkorb!

Per E-Mail erhaltene Termineinladungen sind mir generell ein Graus. Vor Jahren hatte ich einmal in einer alten Outlook-Version ausführliche Informationen im Info-Text eines Termins bearbeitet. Dieser Termin war ursprünglich durch eine Einladung per E-Mail in den Kalender gekommen. Erst im Nachhinein sah ich dann, dass klammheimlich mit jedem Zwischenspeichern eine automatische E-Mail über die Änderungen an den Versender übermittelt wurde. Und ich bin ein Mensch, der sehr, sehr, sehr oft zwischenspeichert.

Aufgrund dieser Erfahrung will ich auch mit neuerer Kalender-Software gar nicht probieren, ob ich einen schlecht betitelten Termin umbenennen kann, ohne diese Änderungen auch an den Kalender des Versenders zu übertragen. Wenn mir X einen Termin »Treffen mit Tetragon« zusendet und ich ihn bei mir in »Treffen mit X« umbenenne, wird das sonst zu einem Ping-Pong-Spiel. Da erstelle ich mir lieber gleich einen eigenhändigen Eintrag. Von dem weiß ich wenigstens, dass ich die alleinige Kontrolle habe.

Die Kontrolle fehlt bei Termineinladungen letztendlich nicht erst beim Bearbeiten, sondern schon beim Erhalt. Viele E-Mail-Programme haben – oder hatten zumindest bis vor kurzem – die Angewohnheit, standardmäßig alle Termine, die man erhält, sofort im Kalender anzuzeigen. Man musste nicht einmal die zugehörige E-Mail öffnen. Mich hatte schon lange irritiert, dass mir auf diesem Weg offenbar jeder Tölpel mit Internetanschluss beliebige Kalendereinträge erstellen kann, aber bei anderen ist diese Erkenntnis offenbar erst eingekehrt, als auch Spammer dieses »Feature« für sich entdeckt hatten.

Aber selbst wenn ich so einen Terminvorschlag bewusst annehmen wollte, hätte ich immer noch ein Problem. Ich habe nämlich mehrere Kalender und beim Annehmen kann ich in keinem meiner genutzten E-Mail-Programme bestimmen, in welchen Kalender ich den Termin aufnehmen will. Aus Prinzip ist es natürlich immer der falsche.

Bei mir daheim ist das ausgerechnet unser gemeinsamer Team-Kalender. Nähme ich hier also einen privaten Termin vom lokalen Drogenhändler an, könnten den auch an alle meine Kollegen sehen. In meinem letzten Job landete zumindest alles in einem ungenutzten Kalender. Damit konnte ich sorgenfrei jede Termineinladung annehmen. Die Versender waren glücklich, dass ich bestätigt hatte und ich war glücklich, weil ich das Zeug nicht sehen musste.

Wenn alle zuständig sind, ist keiner zuständig

Letztendlich ist jeder Eingriff in einen Kalender durch mehr als eine Person etwas, das man sich besser zwei Mal überlegen sollte. Eine Einzelperson hat schnell mal ein halbwegs organisiertes System zur persönlichen Kalenderverwaltung, aber wenn man gemeinsam an einem Kalender herumwursteln will, muss man sich zumindest auf gewisse Normen einigen.

Meinem letzten Chef habe ich oft Einträge in seinem freigegebenen Kalender erstellt und das hat in der Regel auch gut funktioniert. Aber da ich zwölf Jahre lang für ihn gearbeitet hatte, wusste ich am Ende auch ganz gut, worauf es ihm ankommt und in welcher Form er es braucht.

Mit einem ganzen Team einen gemeinsamen Kalender zu betreiben, ist da aber schon eine viel größere Herausforderung. Ihn einfach nur einzurichten und dann zu sagen »hier ist er«, ist ein bisschen wenig, denn wenn alle dafür zuständig sind, etwas Sinnvolles daraus zu machen, ist letztendlich keiner zuständig. Dementsprechend ist unser Teamkalender auch in einen Dornröschenschlaf gefallen und ich habe kein Verlangen, ihn wieder wach zu küssen.

Ein Kalender ist für mich etwas Persönliches, fast wie ein Tagebuch. Alle Termine, die ich beachten muss oder will, schreibe ich auch in meinem Kalender – und zwar in der Form, in der es für mich am verständlichsten ist. Da ist weder Platz noch Bedarf dafür, dass irgendjemand anderer daran herumfingert.

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