Wie man Toilettenpapier benutzt

»Das weiß man doch«, ist sicher die erste Reaktion auf diese Banalität, aber weiß man tatsächlich, wie »man« Klopapier verwendet, oder weiß man bloß, wie »man selbst« es benutzt?

Zehn Rollen Toilettenpapier, angeordnet als Fragezeichen.
Mit ausreichend Toilettenpapier könnte man – gestrandet auf einer einsamen Insel – die Buchstaben »SOS« bilden, aber auch beim klassischen Anwendungsfall für Klopapier gibt es einiges an Spielraum.

141 Rollen Klopapier verbraucht der durchschnittliche US-Amerikaner im Jahr – laut einer Statistik aus dem Jahr 2018. Deutschland ist mit 134 Stück nicht weit abgeschlagen. Als mir diese Zahlen unlängst untergekommen waren, wollte ich erst meinen Augen nicht trauen. Ich führe zwar keine Statistiken über meinen persönlichen Materialverbrauch nach dem Sch…ließmuskeldehnen, aber diese Mengen schienen mir gefühlt doch um einige Dimensionen zu hoch.

Diagramm zur Veranschaulichung des Klopapier-Verbrauchs in zehn Ländern. An der Spitze stehen die USA mit 12,7 kg bzw. 141 Rollen, danach folgt Deutschland mit 12,1 kg bzw. 134 Rollen. Am Ende der Liste steht Brasilien mit 3,4 kg bzw. 38 Rollen. Die Berechnung der Rollenzahl geht von 90 g Gewicht je Rolle aus.
Andere Länder, andere Klo-Sitten. (Bildquelle: Statista Consumer Market Outlook, CC)

Jetzt bin ich allerdings weder Amerikaner noch Deutscher, sondern Österreicher. In der genannten Statistik wird das kleine Österreich zwar – wie so oft – nicht angeführt, aber aus einer anderen Quelle, die den Verbrauch äußerst praxistauglich in verbrauchten Kilometern je Menschenleben angibt, kann ich die Relation zwischen Deutschland und Österreich berechnen und daraus rund 55 Rollen (41,18%) pro Jahr ableiten. Dieser nicht unerhebliche Unterschied erstaunt mich zwar, aber die resultierende Zahl kommt schon viel eher in eine für mich glaubwürdige Größenordnung.

Wie gesagt bin ich nicht so schrullig, eine Strichliste über mein tatsächlich verbrauchtes Toilettenpapier zu führen, aber in anderen Beziehungen bin ich doch schrullig genug, um über Umwege auch meinen persönlichen Verbrauch berechnen zu können. Einerseits führe ich ein digitales Haushaltsbuch mit einem Detailgrad bis zur einzelnen Klopapierrolle und andererseits lebe ich seit ein paar Jahren weitgehend zurückgezogen als Eremit in meinem Home-Office. Daraus kann ich errechnen: Ich brauche im Schnitt gerade einmal elf Rollen im Jahr.

Man sieht schon an all diesen Zahlen: Bei der Verwendung von Toilettenpapier gibt es gewaltige Unterschiede. Aber weil der Klogang etwas Intimes ist, über das man nur selten plaudert, ist das wahrscheinlich nur den wenigsten von uns bewusst.

Ruinen von steinernen Sitzbänken mit mehreren Toiletten-Löchern nebeneinander.
Die Gemeinschaftslatrinen im alten Rom waren sicher förderlicher für den zwischenmenschlichen Austausch über die diversen Kulturtechniken des Hinternauswischens. (Bildquelle: Fubar Obfusco, gemeinfrei)

Origami und Hochstapler

Glücklicherweise gibt es Leute, die sich der Erforschung dieses weltbewegenden Themas angenommen haben … beziehungsweise hatten, denn Primärquellen sind nur noch schwer aufzufinden. Und »Forschung« ist vielleicht auch etwas zu viel gesagt, aber zumindest eine Umfrage von Zewa Soft aus dem Jahr 2012 scheint recht gut zusammenzufassen, welche Typen von Klopapier-Nutzern es grundsätzlich gibt. Der mit Abstand häufigste Typus in Deutschland sei demnach der sogenannte Falter, also jemand, der das Papier faltet, bevor er es benutzt.

Grundsätzlich würde ich mich selbst ja auch in diese Kategorie einordnen. Was mich an der Definition allerdings stört, ist das Wort »bevor«. Ich falte das Papier nicht vor der Benutzung, sondern danach. So habe ich wieder zwei saubere Außenseiten und kann dasselbe Blatt noch weiter verwenden, statt schon das nächste abreißen zu müssen. Je nach Verschmutzungsgrad ist es manchmal sogar möglich, das Blatt noch ein zweites Mal zu falten und weiter zu verwenden. So komme ich üblicherweise mit gerade einmal zwei bis drei Blättern pro Sitzung aus.

Oben: Ein Blatt Toilettenpapier mit einem Fleck blauer Farbe. Unten: Zusammengefaltetes Blatt, auf dem man keine Farbe mehr sieht; daneben ein marktschreierischer, roter Kreis mit dem Text: »WOW! Wie neu!«
Die richtige Falttechnik macht sich bezahlt.

Allerdings kann ich mich noch dunkel erinnern, früher in Schul- und Bürogebäuden des öfteren mehrere Blätter auf einmal abgerissen und vor dem Verbrauch gefaltet zu haben. Das lag nicht etwa daran, dass ich als Pfennigfuchser vor fremdfinanziertem Verbrauchsmaterial keinen Respekt habe, sondern daran, dass es eine besch…eidene Qualität hatte.

Das als Papier zu bezeichnen, war fast schon ein Euphemismus; vielmehr handelte es sich um in Blattform gepresste Luft mit einem Hauch von Papierfasern. Davon ein einzelnes Blatt zu nehmen, wäre praktisch genauso, wie die bloße Hand zu verwenden. Ich selbst kaufe zwar auch nur das billigste Toilettenpapier, das ich beim Diskonter bekomme, aber selbst das hat drei Lagen und ich bin ernsthaft erstaunt, dass es noch so viel billiger geht. Im Endeffekt ist ja auch nichts damit gewonnen, wenn man halb so teures Klopapier kauft, aber dann die dreifache Menge davon verbraucht.

Drei hauchdünne Blätter, die teilweise überlagert auf einer schwarzen Fläche liegen.
Wer sich am stillen Örtchen langweilt, kann das Papier vorsichtig in seine einzelnen Lagen zerlegen – sofern es mehrere Lagen hat, was vor allem am öffentlichen Lokus nicht immer der Fall ist.

Als einen weiteren Papiernutzungs-Typus listet die Zewa-Studie die sogenannten Stückler, die mehrere getrennte Einzelblätter sorgfältig aufeinander schlichten, bevor sie diesen Stapel zum Wischen verwenden. Die Ähnlichkeit zum Falter ist offensichtlich groß, aber mir erscheint ausnahmslos jeder Aspekt beim Stückeln nachteilig. Man hat mit Abreißen und Aufeinanderlegen mehr Aufwand – mit dem Endergebnis, dass der Stapel beim Abwischen auch noch schlechter zusammenhält. Kein Wunder, dass dieser Typus im Gegensatz zum Falter nur eine Minderheit darstellt.

Das ist der Knüller

Zu den größten Mitbewerbern des Falters gehört der Knüller, also jemand, der das Toilettenpapier vor der Verwendung zerknüllt.

Auch das habe ich selbst in der Vergangenheit schon gemacht und wie schon beim Vorab-Falten lag auch in diesem Fall die Schuld an dem Hauch von Tüll, der sich an manch öffentlichem Örtchen als Toilettenpapier ausgibt. Wenn man zehn Schichten von dem Zeug braucht, damit es benutzbar wird, ist es nachvollziehbar, dass einem rasch die Geduld zum Falten ausgeht.

Als Standard-Methode ist das Knüllen zumindest für Knauser wie mich nicht empfehlenswert. Nachdem man durch das Zusammendrücken die Fläche deutlich reduziert, würde man mit meinen üblichen zwei oder drei Blättern nicht weit kommen.

Ein zerknülltes neben einem unzerknülltem Blatt Toilettenpapier. Das zerknüllte Blatt nimmt nur einen Bruchteil des Platzes ein, den das unzerknüllte braucht.
»Knüller« und »Knauser« klingen zwar sehr ähnlich, aber wer sein Klopapier zerknüllt, kann nur schwer damit knausern, weil es kaum noch über Wischfläche verfügt.

Verwendetes Papier ähnlich wie beim Falten nochmals zu zerknüllen, um es weiter zu verwenden, wird auch kaum funktionieren. Wenn man es trotzdem probiert, liegt das Problem im wahrsten Sinn des Wortes auf der Hand.

Generell verleiht man dem Papier durch das Zerknüllen eine weitgehend unberechenbare Form und ich persönlich würde mich nur ungern darauf verlassen, dass dann tatsächlich unter jedem meiner Finger ausreichend Material vorhanden ist. Um diese Unsicherheit einigermaßen zu kompensieren, müsste ich schon die halbe Rolle abwickeln, aber dann hätte ich neben finanziellen Bedenken auch Zweifel, ob Spülung und Abfluss da noch mitspielen … oder besser gesagt: mitspülen.

Was man dem Knüllen entgegen aller Kritik zugestehen könnte, ist, dass es – ausreichende Papiermenge vorausgesetzt – mehr Abstand zwischen Fingern und Hintern schafft, weil sich auch etwas Luft zwischen den Falten befindet. Wirklich effektiv ist das aber nur dann, wenn man nicht allzu fest wischen muss, sonst drückt man diese Puffer-Luft ja wieder heraus. Am besten verwendet man die Knüll-Technik also, um heiße Schokolade – oder Anderes von ähnlicher Konsistenz – wegzuwischen, weil so die Feuchtigkeit noch am ehesten den Fingern fern bleibt.

Laut Zewa-Statistik ist Knüllen übrigens vor allem im Norden Deutschlands verbreitet. Das könnte den großen Verbrauchsunterschied im Vergleich zu Österreich erklären.

Die Hand der Mumie

Eine letzte Option, die gar nicht so unüblich sein dürfte, kam für mich komplett überraschend: Es gibt auch sogenannte Wickler, die sich Klopapier um die Hand wickeln, bevor sie es benutzen.

Papier von der Rolle auf die Hand umzuwickeln, geht sicher rasch und ist berechenbarer als Zerknüllen, aber auch hier kommt man definitiv nicht mit meinen üblichen zwei bis drei Blättern aus und Lufteinschlüsse gibt es auch keine. Insofern scheint das Wickeln ein Kompromiss zu sein.

In der konkreten Anwendung kann ich mir dagegen nur schwer Vorteile zu dieser Wisch-Technik ausmalen. Vielleicht ist sie nützlich, wenn man so einen dicken Hintern hat, dass zwangsläufig die ganze Hand beim Abwischen darin verschwindet. Um das zu testen, habe ich nicht die passende Statur. Vielleicht gibt es aber auch anatomische Gründe, die ich als mittelalter Mann aufgrund von Alter und Geschlecht nur schwer nachvollziehen kann – laut Zewa-Statistik ist das Klopapier-Wickeln nämlich vor allem unter jungen Frauen gebräuchlich.

Multifunktionspapier

Wenn man den statistischen Verbrauch an Toilettenpapier betrachtet, sollte man zu guter Letzt nicht außer Acht lassen, dass damit mehr gemacht werden kann, als sich bloß das Gesäß damit abzuwischen.

Obwohl mein persönlicher Verbrauch mickrig ist, sind selbst darin gelegentlich fachfremde Anwendungsfälle enthalten. Wenn mir am WC die Nase rinnt, verwende ich schon mal ein paar Blätter als Taschentuch. Wenn ich irgendwo eine Winzigkeit aufwischen will und mir ein großes Stück Papier von der Küchenrolle zu verschwenderisch erscheint, greife ich stattdessen zu einem kleinen Stück Klopapier. Und wenn ich auf meiner Website einen Artikel über Toilettenpapier schreibe, zerknülle ich ein Blatt, nur um es zu fotografieren.

Wirklich verschwenderisch werde ich aber auf öffentlichen Toiletten: Dort lege ich üblicherweise links und rechts jeweils einen Streifen Toilettenpapier auf die Klobrille, um beim Sitzen bloß nicht mit ihr in Kontakt zu kommen. Wenn ich mich recht entsinne, gibt es in solchen öffentlichen Situationen auch Leute, die gleich die gesamte WC-Brille vor der Benutzung einwickeln, als wollten sie sie jemanden zum Geburtstag schenken.

Ganz allgemein sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Warum nicht einmal die steifen Servietten am Weihnachtstisch durch samtig weiches Schmeichelpapier von der Rolle ersetzen? Mit seinen eingeprägten Blumenmustern bietet es sich außerdem bestens zum Verfassen von Liebesbriefen an.

Ein Stück Klopapier, beschriftet mit dem Text: »Du bist wie eine / Kloschüssel. / So weiß und rein. / Komm, lass mich / Dein Klostein sein.« Darunter ein aufgezeichnetes Herz, in dem ein Pfeil steckt.
Liebe geht bekanntlich durch den Magen und was durch den Magen geht, geht anschließend auch durch den Darm. Was könnte also treffender und romantischer sein als eine Liebeserklärung auf Klopapier?

Klopapier. Was sonst?

Genauso wie man Toilettenpapier für Dinge abseits des Allerwertesten verwenden kann, gibt es im Gegenzug auch Alternativen für die Hintern-Hygiene. Auf die berühmten drei Muscheln müssen wir wohl noch ein wenig warten, aber in der Vergangenheit waren bereits zahlreiche Wisch-Alternativen gebräuchlich, darunter altes Zeitungspapier, Lumpen, Schwämme und Blätter. Auch hier sind der Fantasie kaum Grenzen gesetzt. Zur Abwechslung könnte man ja auch einmal Kunstpelz oder Geldscheine ausprobieren.

Bebilderte Schritt-für-Schritt-Anleitung. 1) Nehmen Sie einen benutzten Fahrschein. 2) Falten Sie ihn in der Mitte. 3) Reißen Sie das Eck in der Mitte ab. 4) Entfalten Sie den Fahrschein wieder. 5) Stecken Sie Ihren Mittelfinger in das Loch. 6) Nutzen Sie Ihren Mittelfinger zum Säubern. (Das zugehörige Bild ist stark verpixelt.) 7) Ziehen Sie den Fahrschein samt Schmutz vom Finger ab. 8) Nutzen Sie das ausgerissene Stück zur Fingernagel-Reinigung.
Diesen »Trick« hat mir mein Großvater beigebracht. Absurder Humor läuft bei uns eben in der Familie.

Einige Leute halten aber das alleinige Auswischen – egal ob mit Toilettenpapier oder anderen Hilfsmitteln – für geradezu steinzeitlich. Die kultivierte Variante sei die Reinigung mit Wasser über ein sogenanntes Bidet. Als Höhlenmensch, der ich offenkundig bin, hatte ich diese separaten Waschbecken in Unterschenkelhöhe früher immer nur für Fußduschen gehalten.

Weißes Waschbecken in Bodenhöhe, das länglich wie eine Kloschüssel ist.
Darf laut Wikipedia durchaus auch zur Fußreinigung genutzt werden, die Kernidee ist aber eine andere. (Quelle: Basan1980, Public Domain)

So ein klassisches Bidet muss man sich in Bezug auf den Platzverbrauch aber erst einmal leisten können. Aus einem Palast mit fünf Badezimmern heraus lässt es sich leicht über Höhlenbewohner lachen, aber in meiner Miethöhle würde ich so etwas gar nicht unterbringen – zumindest nicht dort, wo es eigentlich hingehört. Bestenfalls in der Küche könnte ich Platz dafür finden, aber ich habe den leisen Verdacht, dass es meine Kultiviertheit nicht auf das erstrebenswerte Level hebt, wenn ich mein Essen im selben Raum zubereite, in dem ich mir den Hintern wasche.

Zum Glück gibt es aber auch platzsparende Bidet-Düsen, die sich sich relativ einfach in Standard-Toiletten nachrüsten lassen. Die sind obendrein so billig, dass sogar ein Geizhals wie ich ernsthaft darüber nachdenken kann.

Nachdem solche Dinger den Hintern nur waschen, aber nicht trocknen, müsste man trotzdem noch mit irgendetwas nachwischen. Manche Leute schwören auf kleine Handtücher, aber die regelmäßig zu waschen, wäre mir eindeutig zu mühsam. Also würde es wohl doch beim Klopapier bleiben und zumindest bei meinem Verbrauch könnte ich dort nicht mehr viel einsparen. Aus reiner Verbrauchssicht wäre letztendlich also alles für’n Arsch.

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