Schädelsonnenschutz zum Aufsetzen
Kopfbedeckungen hatte ich mein Leben lang verabscheut – unter anderem wegen meiner schwer zu bändigenden Haarmähne, die ich mir nicht zusätzlich zerknautschen wollte. Mittlerweile hat der Zahn der Zeit ein wenig an mir genagt und damit begonnen, mir die Haare vom Schädel zu fressen. Damit ich nicht ausschaue wie ein Vogel in der Mauser, hatte ich mir die Haare erst immer kürzer getrimmt und schließlich komplett abrasiert.
Damit war schon mal ein Argument gegen Kopfbedeckungen weggefallen, aber eines fehlte mir vorerst trotzdem noch – nämlich ein triftiger Grund, warum ich mir überhaupt etwas aufsetzen sollte. Immerhin war ich nie ein Sonnen-Junkie und konnte die längste Zeit ganz gut vermeiden, in die pralle Mittagssonne hinauszugehen.
Erst in den letzten Jahren – auch dank Home-Office – hat sich mein typischer Tagesablauf etwas verschoben und mein kahler Schädel hatte offenbar ein paar Mal mehr Sonne abbekommen, als gut für ihn war. So musste ich mir langsam eingestehen, dass ich meine verlorenen Haare im Sommer vielleicht doch mit irgendeiner anderen Kopfbedeckung kompensieren sollte. Aber was sollte es sein?
Kopfbedeckungen und Klischees
Die Nullachtfünfzehn-Kopfbedeckung schlechthin ist bekanntlich die Baseball-Kappe. Die wird heutzutage quer durch alle Bevölkerungsschichten getragen – vom Kleinkind bis zum US-Präsidenten.
Leider will sich diese breite Anerkennung aber in meinem Kopf nicht so richtig festsetzen. Auf mich wirken solche Kappen immer etwas infantil und selbst wenn sie noch so dezent sind, assoziiere ich sie mit kunterbunten Kinderkäppchen, die einen Propeller an der Spitze haben.
Dummerweise sind andere Kopfbedeckungen für Männer heutzutage aber so unüblich, dass man damit auffällt wie ein bunter Hund und wahrscheinlich erst recht in irgendeine Schublade gesteckt wird. Mir fällt zumindest kein sommerlicher Schädelschutz ein, den ich nicht mit irgendwelchen Subkulturen, Generationen oder Professionen in Verbindung bringe.
Die Baseball-Kappe selbst ist ja nur eine spezielle Ausprägung der sogenannten Schirmmützen, aber die meisten anderen Inkarnationen sind üblicherweise ein Bestandteil von Uniformen. Wenn man so etwas in zivil trägt, wird man schnell mal für einen Kapitän, Burschenschaftler oder Striptease-Tänzer gehalten.
Eine andere Schirmmütze, die ich eher mit reiferen Personen als Kindern in Verbindung bringe, ist die sogenannte Schiebermütze. Aber »reif« trifft hier den Nagel auf den Kopf, denn die einzigen Träger, die ich jemals persönlich kennengelernt habe, waren meine Großväter. Und obendrein sieht mir so eine Mütze für den Sommer zu warm aus.
Schauen wir uns statt Schirmmützen Hüte an, ist der Sommerklassiker schlechthin wahrscheinlich der Strohhut … und damit wieder etwas, was ich in meinem Alltag vor allem auf den Köpfen von alten Herren sehe.
Allerdings sind Strohhüte vielfältiger als man auf den ersten Blick glauben könnte. Neben dem groben, löchrigen Naturstrohhut gibt es etwa auch weiße, dicht geflochtene Panama-Hüte, die mehr an klassische Hutformen wie den Fedora erinnern. Mit solchen Klassikern sieht man heute aber schnell mal aus, als wäre man aus einem Schwarz-Weiß-Agentenfilm ausgebüxt.
In jüngerer Zeit erlebten Hüte auch eine kleine Renaissance in der Hipster-Kultur – also wird man mitunter auch in diese Schublade gesteckt. Aufgefallen ist mir dabei aber, dass hier meistens Hüte mit sehr schmalen Krempen zum Einsatz kommen … und ich kann mich an jemanden erinnern, der dann ganz deprimiert war, weil er mit Hut nicht so cool wie ein »verrauchter Mittvierziger« aussah. Ist ja kein Wunder, wenn man wie Humphrey Bogart aussehen will, sich aber mehr im Stil von Laurel und Hardy kleidet.
Natürlich gibt es dann auch noch Varianten wie Zylinder, Sombrero und Cowboyhut. Aber wer sich so etwas zulegen will, wird wahrscheinlich von vornherein an einen Kostümladen verwiesen.
Am ganz anderen Ende des Spektrums gibt es dann noch Kopfbedeckungen, die überhaupt keinen Schirm und keine Krempe haben; darunter Kopftücher (Bandanas) wie sie Piraten und Straßengangs tragen.
Das Gesamtbild zählt
Letztendlich kommt es natürlich nicht nur auf die Kopfbedeckung an, ob man aussieht wie eine Karikatur … beziehungsweise, mit welcher Witzfigur man mehr Ähnlichkeit hat. Wer einen extralangen Vollbart und Ohrringe trägt, sieht mit einem Hut in der Regel mehr nach Hipster als nach Geheimagent aus.
Allen subjektiven Vorbehalten zum Trotz musste ich mich für irgendetwas entscheiden und habe mir schließlich einen Panama-Hut, ein Kopftuch und eine Kappe gekauft – alles in Weiß, denn schließlich sollen sie ja die Sonne möglichst gut reflektieren.
Und wie schaue ich jetzt damit aus? Meinen Panama-Hut trage ich üblicherweise zu einem weißen Hemd, was mich noch am ehesten an den Gründer von Jurassic Park erinnert. Das Kopftuch trage ich zu meinem schwarzen Achselhemd beim Laufen und gebe damit wohl eine gute Mischung aus Gangster-Rapper und Rauchfangkehrer ab. Etwas eigenwillig, aber damit kann ich leben.
Mit der Kappe stehe ich aber nach wie vor auf Kriegsfuß und finde, dass ich damit einfach nur wie ein Depp aussehe. Das Ding habe ich nur für den Fall gekauft, falls das Kopftuch aus irgendeinen Grund seinen Zweck nicht erfüllt.
Tatsächlicher Sonnenschutz
Aber genug zu meinen subjektiven Eindrücken! Wie sieht es nun mit dem eigentlichen Zweck dieser Schädelzierde aus?
Klar ist, dass alle Lösungen zumindest die Schädeldecke schützen, weil sie diese ja bedecken. Das ist wahrscheinlich auch das Wichtigste, weil diese Körperstelle zu praktisch jeder Tageszeit Sonnenstrahlen abbekommt. Andere Stellen sind je nach Sonnenstand und Körperposition auch mal im Schatten. (Das gilt zumindest, wenn man den aufrechten Gang beherrscht; gebeugte Smartphone-Zombies sollten bevorzugt ihren Hinterkopf bedecken.)
Es kann aber durchaus sinnvoll sein, mehr als nur dieses Minimum zu schützen. Wenn ich immer mein Piratenkopftuch trage und viel Zeit in der Sonne verbringe, werde ich irgendwann ein gebräuntes Gesicht, aber eine blasse Schädeldecke haben. Dann schaue ich ohne das Tuch aus, als hätte mir jemand das Gehirn amputiert.
Vielleicht ist das mit ein Grund, warum sich dieses modische Accessoire vor allem in schwarzen Subkulturen durchgesetzt hat. Kopfbedeckungen mit Schirm oder Krempe bieten Weißwürsten wie mir einen wesentlich gleichmäßigeren Verfärbungsschutz.
Ein Hut mit breiter Krempe ist dann natürlich das Optimum und bietet Rundum Schatten für Gesicht, Ohren und Nacken. Mit einer Kappe kann man je nachdem, wie man sie aufsetzt, nur Gesicht oder Nacken schützen – oder wenn man ganz schräg drauf ist, ein einzelnes Ohr.
Es gibt allerdings auch eine Kappenvariante, die sowohl vorne als auch hinten einen Schirm hat – und zusätzlich auch noch zwei Klappen, die man sich über die Ohren legen kann. Wenn man eine sogenannte Deerstalker-Mütze im Internet kauft, muss man sich aber darauf gefasst machen, anschließend Werbung für Lupen und Tabakpfeifen angezeigt zu bekommen, denn diese Mütze wird in unseren Breiten vor allem mit Sherlock Holmes in Verbindung gebracht.
In meinem konkreten Fall ist es so, dass ich mir nur dann eine Sommer-Kopfbedeckung aufsetze, wenn ich um die Mittagszeit herum aus dem Haus gehe und der Himmel weitgehend wolkenfrei ist. Außerdem bin ich insgesamt auch nicht so viel in der Sonne, dass ich übermäßig braun werde. Daher sollte sich die Problematik eines ungleichmäßigen Sonnenschutzes in Grenzen halten. Wer ganz blass bleiben will, könnte auch mit Sonnencreme vorsorgen.
Unabhängig vom Hautschutz bieten Schirm und Krempe aber auch einen Augenschutz, der nicht zu unterschätzen ist. Wo ich mir bisher die Hand vors Gesicht halten musste, um nicht geblendet zu werden, genügt es mit Hut, einfach den Kopf ein wenig nach unten zu neigen. Das macht solche Kopfbedeckungen dann doch auch für Tagesrandzeiten interessant.
Vom Winde verweht
Während eine breite Krempe bei Sonnenschein ein großer Vorteil ist, ist sie bei Wind ein großer Nachteil, weil einem der Hut dann relativ leicht vom Schädel geweht wird. In vielen Fällen ist das nicht so schlimm, weil Sonne und starker Wind nicht so häufig gemeinsam auftreten – dann lässt man den Hut einfach daheim. Manchmal gibt es diese ungünstige Kombination aber doch.
Insbesondere sollte man auch Fahrtwind und anderen Bewegungswind bedenken. Wenn man im Sommer mit einem Cabrio fährt, ist ein Windfänger am Kopf keine gute Idee. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum ich beim Joggen nur mein minimalistisches Kopftuch trage.
Wohin mit dem Ding?
Ein weiteres praxisrelevantes Thema, bei dem der Hut nicht so gut abschneidet, ist die Frage: Wohin damit, wenn man ihn gerade nicht braucht? Von meinen drei Kopfbedeckungen ist er mit Abstand die unflexibelste.
Mein Kopftuch ist nur ein Stückchen Stoff und meine Kappe braucht kaum mehr Platz als ihr Schirm, aber meinen Panama-Hut sollte ich nur dann auf ein kompaktes Format zusammenfalten, wenn ich vorhabe, ihn platzsparend zu entsorgen.
Wenn ich irgendwo hingehe, wo es keine angemessene Aufbewahrungsmöglichkeit gibt, habe ich keine andere Wahl, als meinen Hut dauerhaft aufgesetzt zu lassen oder in der Hand zu halten. Mit dieser Erkenntnis verstehe ich jetzt auch, warum ich Hutträger schon öfters an Orten gesehen habe, wo es eigentlich keinen Bedarf für einen Hut gäbe – zum Beispiel bei Veranstaltungen in geschlossenen Räumen.
Natürlich gäbe es auch Hüte, die etwas flexibler sind. Manche Filzhüte sollen sich etwa einrollen lassen – aber Filz klingt mir für einen Sommerhut zu warm. Fischerhüte lassen sich sicher auch gut einrollen, aber die passen, wie der Name schon sagt, besser zu einem Fischer- als zu meinem Spießer-Outfit … und ein dezidierter Spießerhut ist mir noch nicht untergekommen.
Schweiß gehört ins Schweißband
Eine weitere Frage, die sich mir auch erst nach dem Kauf gestellt hat, ist jene, wie man so einen Panama-Hut eigentlich reinigt. Kopftuch und Kappe kann ich einfach in die Waschmaschine werfen, aber was mache ich mit einem Strohhut, den man nicht zu grob anfassen darf?
Genaugenommen ist mein »Panama-Hut« ja nicht einmal ein Strohhut. Etwas weiter oben hatte ich mich mit dem Gründer von Jurassic Park verglichen, aber während dessen Motto lautet »ich habe keine Kosten und Mühen gescheut«, ist mein Motto das genaue Gegenteil. Statt aus Toquilla-Stroh besteht mein Hut nur aus imprägnierten Papier.
Wie wäscht man nun also einen Papierhut? Die offensichtliche Antwort lautet: gar nicht. Ich kann bei Bedarf höchstens versuchen, kleine Verunreinigungen wegzuputzen.
Ein kleiner Lichtblick ist zumindest, dass nicht direkt das Papier mit meiner Kopfhaut in Kontakt ist, sondern das bei Hüten übliche, eingenähte Schweißband. Das ist in diesem konkreten Fall aus Stoff. Ein Ratgeber empfiehlt, es zur Reinigung abzutrennen, zu waschen und dann wieder neu einzunähen. Weil ich das dem armen Hut mit meinen barbarischen Nähfertigkeiten garantiert nicht antun werde und eine fachkundige Bearbeitung wahrscheinlich mehr kosten würde als der Hut selbst, muss ich mich wohl darauf beschränken, diesen Stoffstreifen von Zeit zu Zeit vorsichtig mit etwas Wasser und Seife abzureiben.
Alles in allem komme ich zu dem Schluss, dass die Kappe aus praktischer Sicht wohl doch der beste Kompromiss ist. Ihr Erfolgszug ist offensichtlich nicht unberechtigt. Nur bei mir wird sie wohl aus Eitelkeit weiterhin nur im Kasten liegen.
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Kommentare
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Bisherige Kommentare
Tony T
Tolles Foto-Shooting! Mit Kopfbedeckungen hab ich auch meine liebe Not, seit ich ein bisserl sonnenempfindlicher geworden bin. Aus praktischen Gründen (bin viel mit dem Fahrrad unterwegs) habe ich meistens ein Kapperl auf, das ich aber je nach Sonnenstand (wenn ich z.B. mit dem Fahrrad in eine andere Straße einbiege) ständig drehe, sodass die Krempe Richtung Sonne zeigt ... Dürfte insbesondere, wenn ich ein Hemd anhabe, teilweise ziemlich blöd ausschauen (mit der Krempe nach hinten) ...
Michael Treml (Seitenbetreiber)
Antwort an Tony T:
Danke!
Das mit der Kappe beim Radfahren stelle ich mir ganz schön stressig vor. Da kommen dem Erfinder in mir spontan ziemlich abenteuerliche Ideen für eine Kopfbedeckung mit automatisch ausgerichtetem Schirm … aber damit könnte man dann definitiv nur noch zur Faschingszeit aus dem Haus gehen.
Anonym
"Dann schaue ich ohne das Tuch aus, als hätte mir jemand das Gehirn amputiert."
Seltsam. Auf den Großteil der Bevölkerung dürfte das mittlerweile zutreffen (einschließlich der erwähnten Smartphone-Zombies), doch man sieht relativ wenige Menschen mit einer derart blassen Schädeldecke. Kann das daran liegen, dass es sich bei dieser Personengruppe hauptsächlich um eher jüngere Menschen handelt, bei denen das Problem der Kopfbedeckung (noch) nicht besteht, weil sie über ausreichend Haupthaar verfügen?
"Wenn man eine sogenannte Deerstalker-Mütze im Internet kauft, muss man sich aber darauf gefasst machen, anschließend Werbung für Lupen und Tabakpfeifen angezeigt zu bekommen".
Aber nur dann, wenn man jeden Cookie-Hinweis ungelesen bestätigt und nicht die Suchmaschine seines Vertrauens (nein, nicht die mit dem G im Namen) verwendet.
Und weil es eingangs erwähnt wurde: Ich stelle mir soeben unseren Präsidenten vor – unrasiert, mit Baseballkappe und einem Tschick im Mund. Ein wahres Vorbild für die Nation.
Michael Treml (Seitenbetreiber)
Antwort an Anonym:
Ja, wenn man noch üppige Haare hat, ist das natürlich vorteilhaft gegen bleibende Spuren von Gehirnamputationen und Kopfbedeckungen. Wobei ich einige leidenschaftliche Kappenträger kaum jemals ohne Kappe gesehen habe – die könnten also auch etwas darunter verstecken …